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Sans-Papiers und häusliche Gewalt

Seit gut drei Monaten leite ich die Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich. In dieser Zeit ist mir etwas aufgefallen: Viele unserer Ressourcen in der Beratung werden von komplexen Fällen beansprucht, bei denen es um gewaltbetroffene Klient:innen geht.
 
Gestern hat sich die Zürcher Stadtregierung genau zu diesem Thema geäussert: häusliche und sexualisierte Gewalt gegen Sans-Papiers. Die Antwort des Stadtrates auf eine Anfrage aus dem Parlament zeigt deutlich, was wir in unserer täglichen Arbeit schon lange sehen: Sans-Papiers, die von Gewalt betroffen sind, haben kaum Zugang zu Schutz und Unterstützung. Der Stadtrat anerkennt, dass Sans-Papiers besonders verletzlich sind und Gewalt nicht anzeigen können, weil sie eine Wegweisung oder Ausschaffung befürchten müssen. Nach 35 Tagen endet in der Regel auch der Aufenthalt in einer Schutzunterkunft – danach gibt es keine gesicherten Lösungen. Doch die Stadt sieht sich in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und verweist auf Bund und Kanton.

Wir begleiten immer wieder Sans-Papiers, die Gewalt erfahren und gleichzeitig vom Schutzsystem ausgeschlossen bleiben. Viele Betroffene bleiben deshalb in gewaltvollen Abhängigkeitsverhältnissen gefangen. Oft sind wir die erste und einzige Anlaufstelle, der sich Betroffene anvertrauen. Wir hören zu, beraten, begleiten – und suchen Wege, wo das System keine vorsieht.

Anscheinend kann die Stadt hier wenig tun. Wir setzen uns aber weiterhin auf den verschiedenen politischen Ebenen dafür ein, dass Sans-Papiers Unterstützung bekommen und Gewalt anzeigen können.

Damit wir weiter für Betroffene da sein und politisch Druck machen können, brauchen wir deine Unterstützung.

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Herzliche Grüsse

Anna Schmid