HINTERGRUNDINFO
Wer sind Sans-Papiers
Sans-Papiers sind Migrant:innen ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Über die Anzahl der Sans-Papiers in der Schweiz gibt es keine genauen Zahlen. Die Schätzungen gehen von 80‘000 bis 300‘000 Personen aus. Nach der neusten Schätzung leben alleine im Grossraum Zürich 20‘000 Sans-Papiers.
Primäre Sans-Papiers
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum eine Person Sans-Papiers wird. Sogenannte „Primäre“ Sans-Papiers besassen nie einen Aufenthaltsstatus in der Schweiz. Das sind vor allem:
- Migrant:innen, die mit einem Touristenvisum einreisen und nach dessen Ablauf hier bleiben.
- Familienmitglieder, deren Familiennachzug nicht bewilligt wurde. Das sind vor allem Kinder, deren Eltern hier eine Aufenthaltsbewilligung besitzen, aber die Kriterien für den Familiennachzug nicht erfüllen (zu wenig Lohn, zu kleine Wohnung). Aber auch ältere Familienmitglieder (bspw. Grosseltern) können nicht in die Schweiz geholt werden. Wenn diese Pflege benötigen und ihre Kinder sie hierherholen, werden sie zu Sans-Papiers.
- Personen, die ohne Visum einreisen (bspw. über die grüne Grenze).
Sekundäre Sans-Papiers
Sekundäre Sans-Papiers verloren aus unterschiedlichsten Gründen ihre Bewilligung in der Schweiz zu leben. Folgende Gruppen von sekundären Sans-Papiers gibt es:
- ehemalige Saisonniers, deren Saisonnier-Statut nicht in eine B-Bewilligung umgewandelt wurde und deren Herkunftsland nicht in der EU ist (davon betroffen sind vor allem Personen aus dem Balkan).
- Migrant:innen, die Sozialhilfe beziehen mussten, worauf ihnen das kantonale Migrationsamt ihre B- oder C-Bewilligung entzogen hat.
- Migrant:innen, die durch eine Heirat mit einer Person mit einer Aufenthaltsbewilligung oder einer Schweizer Staatsbürgerschaft, eine Aufenthaltsbewilligung erhalten haben, verlieren diese wieder, wenn die Ehe vor der Frist von drei Jahren geschieden wird.
- Migrant:innen, die eine Aufenthaltsbewilligung für eine Ausbildung in der Schweiz erhalten haben, nach der Ausbildung verfällt diese Aufenthaltsbewilligung
- abgewiesene Asylsuchende aus Krisenregionen, welche nicht abgeschoben werden können und in den Notunterkünften wohnen. Personen, denen aufgrund von Straftaten die Aufenthaltsbewilligung entzogen wurde
Herkunft von Sans-Papiers
Die Herkunft von Sans-Papiers ist sehr divers. Genaue Zahlen gibt es nicht, einziger Indikator sind unsere Beratungsstatistiken. Aus diesen Zahlen lässt sich lesen, dass die grösste Gruppe aus Lateinamerika stammt. Es sind vor allem Frauen, die hier als Nanny arbeiten oder in Privathaushalten putzen.
In den letzten drei Jahren haben wir am meisten Beratungen für Personen aus Brasilien, Kolumbien, Algerien und Peru gemacht. In den letzten Jahren kamen immer mehr Sans-Papiers aus afrikanischen Ländern. Während der Corona-Pandemie wurden insbesondere viele Sans-Papiers aus der Mongolei auf uns aufmerksam.
Geschlechterverhältnis
Seit Jahren wird unsere Beratungsstelle von mehr Frauen als Männer aufgesucht. Kinder machen gut einen Fünftel der Personen aus, die wir beraten.
Lebensbedingungen von Sans-Papiers
Viele Sans-Papiers flüchten vor der Armut in ihrem Herkunftsland. Sie suchen hier Arbeit, um sich und den zurückgebliebenen Angehörigen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Arbeitsmigration für Personen ausserhalb der EU ist aber nur noch für Hochqualifizierte möglich. Für eine Arbeit im Niedriglohnsektor bekommt man keine Arbeitsbewilligung in der Schweiz.
Sans-Papiers leisten Arbeit, ohne die unser heutiges Wirtschaftsgefüge auseinanderbrechen würde. Sie arbeiten – oft zu niedrigsten Löhnen – im Privathaushalt, in der Landwirtschaft, auf dem Bau und im Gastgewerbe und tragen somit zum Wohlstand der Schweiz bei.
Ihr irregulärer Aufenthalt zwingt die Sans-Papiers zu einem Leben in der Anonymität. Jede kleinste Auffälligkeit könnte das Auffliegen ihres fehlenden Status und somit die Ausschaffung, d.h. den Verlust ihrer Existenz, zur Folge haben. Dadurch sind Sans-Papiers verstärkt Ausbeutung und Betrug durch Arbeitgeber:innen oder Vermieter:innen ausgesetzt. Die Möglichkeit, sich allein und ohne Preisgabe ihrer Identität zur Wehr zu setzen, sind äusserst begrenzt.